Bilanz für 2022: Sechs Bürgerbegehren in Sachsen, aber kein Bürgerentscheid

Im Jahr 2022 wurden in Sachsen sechs neue Bürgerbegehren eingeleitet. Das ist etwas mehr als in den beiden Vorjahren und entspricht genau dem Schnitt der vergangenen fünf Jahre. Abzuwarten bleibt, wie sich in den kommenden Jahren die Reformen bei Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden auswirken, die im Februar 2022 in Kraft getreten sind.

In Dresden startete 2022 mit dem Bürgerbegehren über die Unterschutzstellung des Neustädter Marktes das insgesamt 17. Bürgerbegehren. Damit ist die Landeshauptstadt nicht nur landesweiter Spitzenreiter, sondern sie nimmt auch bundesweit einen der vorderen Plätze ein. Mit dem Bürgerbegehren für ein fußgänger- und fahrradfreundliches Dresden wurde in diesem Jahr auch schon das 18. Bürgerbegehren angekündigt.

Im Gegensatz dazu bewegte sich der Freistaat in den vergangenen Jahren im Ländervergleich eher im Mittelfeld, wenn es um die Häufigkeit direktdemokratischer Verfahren in den Kommunen geht. Im jüngsten Bürgerbegehrensbericht, der den Untersuchungszeitraum bis zum 31.12.2019 umfasst, belegt Sachsen den zehnten Platz.

Ein Bürgerentscheid fand 2022 nicht statt. Von den sechs Bürgerbegehren wurde eines nicht eingereicht, zwei Bürgerbegehren wurden für unzulässig erklärt und drei Verfahren sind noch offen.

Die Anzahl der Bürgerbegehren wird in den kommenden Jahren wahrscheinlich leicht ansteigen. Der Landtag reformierte die Sächsische Gemeindeordnung und senkte die Hürden für Bürgerbegehren. Seit Februar 2022 müssen für ein gültiges Bürgerbegehren fünf Prozent der Abstimmungsberechtigten unterschreiben.

Ob sich dadurch auch die Zahl der Bürgerentscheide erhöht, bleibt offen. Über 40 Prozent aller Bürgerbegehren in Sachsen werden für unzulässig erklärt. Diese enorme Quote muss dringend reduziert werden. Leider hat der Gesetzgeber bei der Reform wichtige Verfahrensregelungen nicht verbessert. Nach wie vor müssen die Initiatoren von Bürgerbegehren einen Kostendeckungsvorschlag erarbeiten. Diese „Unzulässigkeitsfalle“ sollte komplett gestrichen oder zumindest durch eine amtliche Kostenschätzung ersetzt werden. Darüber hinaus fehlt in Sachsen weiterhin ein verbindliches behördliches Beratungsangebot für Bürgerbegehren. Die Verbesserungen beider Aspekte führt, das zeigen andere Bundesländer, zu einer höheren Rechtssicherheit für alle Beteiligungen und faire Verfahren. Damit sinkt auch die Gefahr von Polarisierungen und langwierigen Rechtsstreiten. Mit einer höheren Anzahl zulässiger Bürgerbegehren geht nicht zuletzt auch ein wachsendes Vertrauen in demokratische Institutionen einher. Nachbesserungen bei diesen vermeintlich unscheinbaren Punkten können viel bewirken und sollten so bald wie möglich vorgenommen werden.

 

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Der Stichtag für die Erhebung war der 13.12.2022