Mehr Demokratie empfiehlt: Kommunen als Labore für modernes Wahlrecht nutzen

Teilweise weniger als 40 Prozent Wahlbeteiligung in Sachsen

Anlässlich der niedrigen Wahlbeteiligung bei den sächsischen Landratswahlen bringt der Fachverband Mehr Demokratie die Idee der „Kommunen als Wahlrechts-Labore“ ins Spiel. Demnach könnten in den Kommunen verschiedene Instrumente wie eine Proteststimme, die automatische Zustellung der Briefwahlunterlagen oder die Absenkung des Wahlalters ausprobiert werden, mit denen das Wahlrecht modernisiert, vor allem aber die Wahlbeteiligung gesteigert werden kann.

„Wir dürfen uns mit der mangelhaften Wahlbeteiligung nicht zufriedengeben. Sie gefährdet die Demokratie und den Sozialstaat. Es ist Aufgabe von Politik und Zivilgesellschaft, dies zu problematisieren und schließlich das Wahlrecht so zu stärken, dass die Menschen auch wählen gehen“, erklärt Ralf-Uwe Beck, Vorstandssprecher des Vereins Mehr Demokratie. Es sei Aufgabe der Kommunen, hier Angebote zu schaffen und genau darauf zielten die „Wahlrechts-Labore“ ab.

Mehr Demokratie hat für Thüringer Kommunen sieben mögliche Instrumente entwickelt, die laut Beck auch für Sachsen anwendbar wären. Welche davon die Kommunen ausprobieren, sollen sie selbst bestimmen. „Unsere Idee der Kommunen als Wahlrechtslabore soll Möglichkeiten eröffnen, Erfahrungen mit einem modernisierten Wahlrecht zu machen. Das kann helfen, Skepsis zu überwinden“, erläutert Beck. Schon die Diskussion in einem Gemeinderat, was bei einer anstehenden Wahl unternommen werden könnte, um die Wahlbeteiligung zu steigern, könne die Debatte um die Demokratie beleben, mehr noch, wenn Instrumente ausprobiert werden.

Mehr Demokratie schlägt beispielsweise ein Jugendwahlregister vor, in das sich die Jugendlichen freiwillig eintragen können. Dies soll auch an einen Demokratie-Unterricht in den Schulen gekoppelt sein. Möglich wäre auch die Einführung einer Proteststimme und die Stimmenthaltung. Dafür sollen auf dem Stimmzettel mehrere Optionen angegeben werden können. Auf das Wahlergebnis sollen Proteststimme und Enthaltung allerdings keinen Einfluss haben. Von der obligatorischen Zustellung der Briefwahlunterlagen an alle Wahlberechtigten erhofft sich Mehr Demokratie ebenso eine Steigerung der Wahlbeteiligung wie von zusätzlichen Wahlorten und einer Ausweitung von Wahlzeiten.

+ Weitere Vorschläge und Informationen: https://thueringen.mehr-demokratie.de/service-und-beratung/einzelansicht-news/modernes-kommunalwahlrecht-fuer-thueringen-anhoerung-vor-dem-petitionsausschuss-am-24-mai-1

+ Hintergrund:

Kommunen sollen zu Laboren für ein modernes Wahlrecht werden. Das ist das Anliegen einer vom Thüringer Landesverband des Vereins Mehr Demokratie gestarteten Initiative. Danach soll das Kommunalwahlrecht um eine Experimentierklausel erweitert werden. Bei Kommunalwahlen könnten damit Instrumente ausprobiert werden, mit denen das Wahlrecht modernisiert, vor allem aber die Wahlbeteiligung gesteigert werden kann. Hierfür haben die Professoren Hermann Heußner und Arne Pautsch, beide Mitglied im Kuratorium von Mehr Demokratie, einen Gesetzentwurf mit sieben möglichen Instrumenten ausgearbeitet. Der Vorschlag ist bisher einmalig in Deutschland.