Bilanz für 2024: Mehr direktdemokratische Verfahren in Sachsen, aber auch viele unzulässige Bürgerbegehren

+++ Mehr Demokratie e.V. fordert Anpassung der Gemeindeordnung für mehr Rechtssicherheit

Wie der Landesverband Sachsen des Vereins Mehr Demokratie am heutigen Montag (30.12.) in seiner Jahresbilanz mitteilt, gab es 2024 in Sachsen 21 direktdemokratische Verfahren, darunter 15 Bürgerbegehren und 6 von den Gemeinde- und Stadträten angesetzte Bürgerentscheide. Mehr Verfahren habe es nach Angaben des Fachverbands zuletzt 2011 gegeben.

Laut Mehr Demokratie könne die häufigere Nutzung von Bürgerbegehren auch auf die Reform der Sächsischen Gemeindeordnung aus dem Jahr 2022 zurückgeführt werden. Mit der Reform wurde die Unterschriftenhürde von 10 auf 5 Prozent der Stimmberechtigten gesenkt. „Die niedrigere Hürde scheint zu wirken und zeigt: Die Bürger wollen vor Ort mitentscheiden. Je mehr die direkte Demokratie eingeübt wird, desto selbstverständlicher wird dieses Engagement“, sagt Frank Rosberger, Sprecher des Landesvorstands von Mehr Demokratie in Sachsen.

Sorge bereite die hohe Anzahl für unzulässig erklärter Bürgerbegehren. In den vergangenen beiden Jahren lag die Quote jeweils bei über 60 Prozent. Der langjährige Schnitt in Sachsen liegt bei 42 Prozent. Zum Vergleich: Bundesweit werden durchschnittlich 28,5 Prozent aller Bürgerbegehren für unzulässig erklärt.

Unzulässige Verfahren können aus Sicht von Mehr Demokratie dafür sorgen, dass der Frust steigt, obwohl mehr Beteiligung möglich ist. Der Verein fordert deshalb eine Anpassung der Gemeindeordnung. „Hier muss bald nachgebessert werden, damit es keinen Bumerang-Effekt gibt. Eingeführt werden sollte eine formale Prüfung vor dem Start der Unterschriftensammlung. Auch sollte der Kostendeckungsvorschlag für Bürgerbegehren abgeschafft werden“, fordert Rosberger. Im Koalitionsvertrag haben CDU und SPD vereinbart, dass die Nutzung der direkten Demokratie erleichtert werden soll. Mehr Demokratie empfiehlt eine Orientierung am Nachbarland Thüringen, wo es ein eigenes Gesetz für die direkte Demokratie in den Kommunen gibt.

Im vergangenen Jahr fanden in Sachsen zudem 9 Bürgerentscheide statt. 4 Bürgerentscheide in Neukieritzsch scheiterten an der gesetzlichen Zustimmungshürde. Bei den weiteren 5 Bürgerentscheiden, die parallel zur Kommunal- bzw. Landtagswahl stattfanden, nahmen zwischen 74 und 81 Prozent der Bürgerinnen und Bürger ihr Stimmrecht wahr.


Hintergrund

Mehr Demokratie e.V. erfasst in Kooperation mit der Forschungsstelle für Bürgerbeteiligung an der Bergischen Universität Wuppertal und der Forschungsstelle Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie an der Philipps-Universität Marburg alle direktdemokratischen Verfahren in Deutschland und veröffentlicht die Ergebnisse in einem regelmäßigen Bürgerbegehrensbericht. Den aktuellen bundesweiten Bürgerbegehrensbericht aus dem Jahr 2023 finden Sie hier: www.mehr-demokratie.de/mehr-wissen/buergerbegehren-in-den-kommunen/buergerbegehrensbericht.

Die direktdemokratischen Verfahren können in der öffentlichen Datenbank Bürgerbegehren eingesehen werden: www.datenbank-buergerbegehren.info/