Landtagsanhörung: Verfassungsänderung muss kommen, aber ohne verkapptes Plebiszit

Dass die Verfassungsreform doch noch kommen soll, ist ein wichtiges Zeichen für bürgernahe Politik. Der Landtag muss jedoch einige Makel beseitigen.

 

Bei der Anhörung zur Reform der Sächsischen Verfassung (Drs. 7/15055) im Ausschuss für Verfassung und Recht, Demokratie, Europa und Gleichstellung des Sächsischen Landtags lobte Ralf-Uwe Beck, Bundesvorstandssprecher von Mehr Demokratie und Sachverständiger bei der Anhörung, dass die Reform nach langem Warten doch noch kommen soll.
Mehr Demokratie begrüßt vor allem die geplante Senkung des Quorums für den Volksantrag von 40.000 Unterschriften auf 0,6 Prozent der Stimmberechtigten, was umgerechnet 20.000 Unterschriften entspricht, und die Senkung des Quorums für Volksbegehren von 450.000 Unterschriften, der bundesweit höchsten Hürde, auf 6 Prozent der Stimmberechtigen, also ca. 200.000 Unterschriften. Der Fachverband bewertet dies als wichtigen Schritt, um die direkte Demokratie auch auf Landesebene anwendbar und bürgernah auszugestalten.

Gleichzeitig wäre die Einführung eines Zustimmungsquorums ein Rückschritt. Momentan ist Sachsen neben Bayern das einzige Bundesland mit einem quorenfreien Volksentscheid. Würde eine Zustimmungsklausel in Höhe von 20 Prozent eingeführt, würde nicht allein die Mehrheit der Abstimmenden entscheiden. Es müssten auch mindestens 20 Prozent der Stimmberechtigen für den abzustimmenden Vorschlag votieren. Die bestehende Regel sollte beibehalten werden. Würde ein Quorum eingeführt werden, sollte im Abstimmungsgesetz ein Gebot festgelegt werden, dass eine Abstimmung mit einer Wahl zusammengelegt wird.

Gestrichen werden muss die geplante Einführung eines "verkappten Parlamentsplebiszits". Der geplante neue Art. 72 Abs. 3a sollte unbedingt gestrichen werden. Der Gesetzentwurf sieht vor, das Verfahren der Volksgesetzgebung abkürzen zu können, indem der Landtag bereits nach einem zu Stande gekommenen Volksantrag mit einfacher Mehrheit einen Volksentscheid ansetzen kann. Das Volksbegehren würde entfallen. Ein solches Verfahren wäre missbrauchsanfällig. Zum Beispiel könnte eine populistische Regierung so ein Plebiszit durch die Hintertür ansetzen und sich auf kurzem Wege Zustimmung zu Vorhaben organisieren. Aus Ungarn ist bekannt, dass Plebiszite der Demokratie erheblich schaden können. Auf Volksbegehren und die Unterschriftensammlung zu verzichten, hieße auch, viele Monate weniger für inhaltliche Auseinandersetzungen zu haben.